Mehr oder weniger sinnvolle Aktivitäten zur Aufschiebung richtiger Arbeit. Fast alles heute getestet, obwohl das meiste seit langem als bewährt anerkannt.
1. Staubsaugen.
2. Aufwändig kochen, obwohl man alleine ist und isst.
3. Nach dem Kochen die Küche Reinigungsarbeiten auf Zahnbürstenniveau unterziehen.
4. Den Rest der Wohnung ausgiebig putzen.**
5. Briefe an Verwandte schreiben.
6. Die Frist für die Steuererklärung verlängern.
7. Einzelne Zeilen von Blogeinträgen nur mit den Daumen tippen.
8. Formulare für alle möglichen Behörden ausfüllen.
9. Joggen.
10. Alle Lieder spielen, die man mal gelernt hat.
Und was machen Sie?
*Facebook ausgenommen. Das ist nicht mal “weniger sinnvoll”.
**Damit es auch wirklich lange dauert, empfiehlt es sich, dabei zu singen und alle zehn Minuten zur Stereoanlage zu hasten, um den Sender zu wechseln.
Paranoia und Lächerlichkeiten.
Ich finde Facebook super, wirklich. Aber auch eigenartig. Zum Beispiel, weil:
Meine Startseite schlägt mir immer zwei Personen* vor, denen ich doch wieder mal “envoyer un message” oder “écrire sur son mur” oder noch schlimmer “faire coucou” könnte. Nach welchen Kriterien werden die ausgesucht?
Falls ich Herrn Facebook mal treffe, werde ich ihn das fragen.
* Da kommen ganz eigenartige Kombinationen nebeneinander zu liegen. Leute, die im richtigen Leben wohl nicht freiwillig miteinander reden würden, lächeln mir nur Pixel entfernt voneinander gleichermassen freundlich vom rechten Rand meines Schirms zu. Und machen mich froh darüber, dass ich für so unterschiedliche Leute ein Herz haben kann, auch wenn sie füreinander kaum eins hätten.
Menschen, die nie sterben sollten, Teil 5: Tony Prince.

Tony Prince ist eine lebende scheiss Legende!* Das war er bereits, als er noch an Bord der MS Caroline**, der schwimmenden Mutter aller Piratenradios als DJ amtete. Er hat so lange die vier seltsamen singenden Pilzfrisuren aus Liverpool gespielt, bis die Welt bereit war für die Beatlemania, er hat den Tod von Elvis Presley verkündet, später dann Turntables zum Musikinstrument erklärt und so ziemlich jedes musikalische Rundfunkformat revolutioniert, das uns erhalten geblieben ist.
Natürlich ist er heute ein Spiesser. Dass er immer noch mit unverhohlener Begeisterung davon erzählt, was er in seiner Zeit als DJ alles erleben und machen durfte***, dass seine butterweiche Stimme immer noch zittert, wenn er von Elvis’ schwerer Krankheit vor dessen Ableben spricht, dass er wie ein aufgeregter kleiner Junge Songs unterbricht, um noch schnell dazu zu sagen, was er vorhin vergessen hatte, das alles entschuldigt ihn aber wahrlich ausreichend dafür, dass er sich mit dem Schwinden der Jugend den Freuden der materiellen Sicherheit hingegeben und einen Haufen Geld mit Wedding TV verdient hat. Und das versetzt ihn nicht zuletzt in die Lage, uns undankbaren Jungspunden als Zeuge einer Wahnsinnsära der Musikgeschichte zur Verfügung stehen zu können. Möge er der Welt noch lange erhalten bleiben.
Ich muss es mir noch ein paar Mal sagen: Ich habe heute Tony Prince live gehört. Er hat für mich und die Welt Michael Jackson gespielt. Besser kanns eigentlich kaum noch werden.
*Die ordinäre Ausdrucksweise sowie das unnötige Ausrufezeichen seien mir vergeben. Es ist telinomal wahr!
**All jenen Unglücklichen, die den sensationellen Film “The boat that rocked” nicht gesehen haben, sei er hier wärmstens empfohlen. Die, die ihn bereits kennen, sollten ihn dringend mal wieder schauen. Tony Prince hat ihm Absolution erteilt, indem er sagte, er würde die Stimmung der Sendephase von Radio Caroline gut treffen. Nur das mit den Orgien sei so nie passiert.
***“machen durfte”, nicht “geleistet hat”,
Das Beste am Büro.
Gute Frage II.
Ist es ein hinreichender Beweis für die gleichgeschlechtliche sexuelle Orientierung eines Mannes, wenn dieser sich zum Toilettengang mit dem Satz “Ich muss mal für kleine Königstiger” entschuldigt?
Drei Gründe II.
Drei Gründe, alleine auf eine Alp ohne Strom zu ziehen und nie wieder herunterzukommen:
1. Die Aussicht.
2. Man kann die eigene Frisur nach rein praktischen Kriterien gestalten und muss keine Rücksicht darauf nehmen, dass manche Köpfe wirklich nur mit Haaren drum herum erträglich anzuschauen sind. Weil ja niemand da ist, der schaut.
3. Alle Männer sind gleich*.
Die Liste könnte, wie all die Listen, aus denen das Leben schliesslich besteht, noch weit fortgesetzt werden. Aber diese drei Gründe scheinen mir bereits wirklich bestechend. Wenn mir noch einer einfällt, muss ich wohl käsen gehen.
*Ausser Papa.
Drei. Zwei. Eins. Boom!
Trotz allem führt kein Weg daran vorbei, diesen Song zu lieben. Wo er recht hat, hat er recht.
Zehn Dinge II.
Zehn Dinge, die ich diesen Sommer getan habe, von denen ich früher dachte oder sogar sagte, dass ich sie nie tun würde:
1. Einen nassen Hund umarmen.
2. Ein Kind anschreien.
3. Eine dreckige Toilette benutzen, obwohl es gleich daneben noch andere freie Toiletten hätte.
4. Im Jogging-Tenue mit dem Schweiss einer ganzen Stunde auf dem Rücken in der Migros einkaufen gehen*.
5. Touristen absichtlich in eine falsche Richtung verweisen**.
6. Mit einer selbstgebastelten Tonfigur reden.
7. Knutschflecke überschminken.
8. Umziehen im Gummiboot. Auf offener See.
9. Unter der Dusche Sternsingen. Also Adrian. Amerika, Sie wissen schon.
10. Am Steuer den Mittelfinger strecken.
Fazit: Ein Saisonjob auf dem Campingplatz kann dem eigenen Moral- und Sittenverständnis ganz schön zusetzen. Das ist aber nicht nur schlecht. Mein Buch darüber erscheint irgendwann in den nächsten zehn Jahren. Möglicherweise.
* Zwar nur eine Flasche Gatorade. Aber trotzdem.
** Damit sie nicht am selben Ort landen wie ich.
Uns fehlen die Worte.
“Consolation” bedeutet in Französisch sowohl Trost als auch Ruhe, in Englisch aber nur Trost, dafür gibt es dort “comfort”, was eine ähnliche Doppelbedeutung hat, nämlich Trost und Behaglichkeit.
Germanophone sind da viel präziser. Und viel ärmer dran, wenn das eine das andere nicht mit sich bringen kann. Wann erfindet endlich einer die Wörter, die uns fehlen?
Im gleichen Zug müsste nämlich auch ein besseres Wort für das her, was man gemeinhin mit “Hassliebe” betitelt. Ich versuchte im Rahmen einer ungezwungenen Konversation über Berufswünsche neulich zu beschreiben, was ich empfinde, wenn ich an die Musikbranche und ihre seltsamen Blüten denke. Es müsste ein Wort sein, das ebenso Abscheu, Faszination, die menschliche Unbedeutsamkeit, Angst und Neugierde einschliesst, aber etwas weniger positiv besetzt ist als “Leidenschaft”. Ich warte seither darauf, dass es mir zufliegt.
Ist das alles ein wenig wirr? Dann ist ja gut. Zum Thema seien die folgenden Links verewigt und empfohlen:
Joey Degraw über die Musikindustrie
Der Topf sagt was über “Liebe und Hass”
Patriotismus.
Weisheiten II.
Woran merkt man, dass man die richtigen Freunde hat?
Es ist Samstag, Bier, Wurst und Fussball auf dem Fernsehsender meines Vertrauens, und aus heiterem Himmel schicken mir zwei Leute unabhängig voneinander ein SMS mit dem Inhalt:
“Gleich kommt Thriller auf MTV!”
Natürlich habe ich umgeschaltet. Ich liebe Verlängerungen bei der WM, aber die Prioritäten sind klar.
Drama in einer Szene.
In einem Waggon der Schweizerischen Bundesbahnen, es ist relativ früh, doch sind nur wenige Menschen unterwegs. Eine junge Frau sitzt im zweiten Abteil und denkt sich nichts Böses.
AUFTRITT PASSAGIER 1
PASSAGIER 1: (drapiert seine hervorlugenden Boxershorts und die Silberkettchen, lässt sich schwer in den Sitz gegenüber der Frau fallen) Uff!
FRAU: (denkt) Hoppla, wenn der sich ans Fenster lehnt, gibts einen Fleck aus teuren Haarpflegeprodukten.
PASSAGIER 1: ( legt seine mitgebrachte Gratiszeitung hin, schliesst die Augen und lehnt sich ans Fenster.)
Einige Minuten verstreichen, AUFTRITT PASSAGIERIN 2, eine sehr alte Dame
PASSAGIERIN 2: Hmm-hmm-hmmm.
FRAU: (lächelt)
PASSAGIERIN 2 will am Abteil vorbeigehen, sieht die Gratiszeitung und hält an, um sich diese vorsichtig zu angeln. Bemerkt befremdeten Blick von FRAU.
PASSAGIERIN 2: (flüstert sehr verschwörerisch) Är hets nid gmerkt.
PASSAGIERIN 2 GEHT SUMMEND AB.
Ich musste das Abteil wechseln. Ich hätte den verstörten Blick des Mannes bestimmt nicht ertagen, wenn er ohne seine Zeitung aufwacht.
Mitgehört III.
Ich: “Ich habe mir eine korrigierte Sonnenbrille machen lassen.”
Sie: “Was, so alt bist du schon?”
Es ist Liebe.

Eigentlich ist die Gruppenphase die beste. Weil da jeder noch hofft, was er will, und nicht nur, was er wagt. Diesmal umarmen einen zwar keine alkoholisierten Holländer auf offener Strasse, dafür hat sich ein anonymer Mexikaner die Zeit genommen, uns auf der kleinen Schanze die ersten Zeilen seiner Hymne beizubringen. Endlich wieder WM.
Drei Gründe I.
Zum Beginn einer neuen Serie* im Liesenhausen:
Drei Gründe für ein ehrliches Lächeln. An einem einzigen Tag.
1. Ein winziges Schaf**, dass völlig aus dem Häuschen quer über die Weide raste, um sich am Zaun mit einem vorbeispazierenden Rentnerpärchen zu unterhalten.
2. Schlafende geschniegelte Banker im Zug.
3. Die freundliche Frau im Tankstellenshop. Das war etwa das fünfte Mal, dass sie mir in meinem Leben einen schönen Tag wünscht. Und das fünfte Mal, das ich dachte: Die meint das wirklich ernst. Landi, halt.
Nicht, dass es sonst keine Gründe gegeben hätte. Aber das waren drei, die niemand erwarten konnte.
* die vielleicht auch mehr als zwei Teile haben wird
** Lamm klingt nach Essen. Ich will aber einen Jöö-Effekt.
Mitgehört II.
Es war ein herrlicher Sommertag, der erste nach einer Reihe von trüben Halbhell-Phasen zwischen den Nächten. Er hatte mit grossem Elan die Laufschuhe gesattelt und die grosse Runde fast in Bestzeit absolviert, als er zufrieden, wenn auch ordentlich schnaufend, im heimischen Garten eintrudelte. Sie sass auf der Schaukel und erhob den Blick aus ihrem Buch, als sie ihn näherkommen hörte. Und fragte:
“Warum hast du denn so einen roten Kopf?”
Er hätte sagen können, es sei von der Sonne, die ihn verbrannt habe. Er hätte sagen können, er habe sich gerade zwölf Kilometer lang angestrengt. Oder er hätte sagen können, die Hitze bringe seine Birne zum Glühen. Stattdessen sagte er:
“Ich finde das schön so.”
Notizen für die Diktatur.
* de la chanson. Für mich wird er nie anders heissen.
Von Design-Irrtümern und Organhandel-Ängsten*
Ein leichtes Gruseln beschleicht mich. Irgendwann im Laufe eines vielleicht knapp zweistündigen Aufenthalts in der Notaufnahme der Gesundheitsinstitution meines Vertrauens wird mir klar, dass die hier mit einem machen können, was sie wollen. Der Mann, der mich von der Notaufnahme aus durch ein höchst komplexes Untergrundlabyrinth von immer gleich und doch immer hässlicher aussehenden Fluren lotst, spricht kaum deutsch und sieht ein bisschen aus wie einer der rumänischen Auftragsmörder, denen sie im Tatort jeweils am Ende alles in die Schuhe schieben, was mit der Auflösung des Falls noch nicht aufgegangen ist. Kein Arzt hat mich zugewiesen, ich habe keinen Termin, niemand weiss mit Bestimmtheit, dass ich hier bin. Man könnte mich auch in einen Kühlraum führen und einige Stunden später, hoppla, wir haben einen unbekannten Organspender, welch ein Glück! Ein Herz, eine Lunge, zwei Nieren, zwei - ach nein, nur eine - Hornhaut, sogar die Leber wäre für einen durchschnittlichen Fussballmatchtrinker noch ein echter Gewinn. Die könnten mich einfach verteilen, der Nachweis wäre unheimlich schwierig.
Aber der Mann, also der Rumäne, der eigentlich Italiener ist, seufzt und sagt “Viel Arbeit”, einfach damit etwas gesagt ist. Ich nehme das Stichwort dankend auf und verwickle ihn in ein Gespräch. Er geleitet mich auf direktem Weg durch die Flure, auf denen er seit 19 Jahren wandelt, und platziert mich schliesslich im scheusslichsten Wartezimmer, das ich je gesehen habe. Der Boden ist dunkelgrau gemustert, die Wände mintgrün und die Polster auf den rötlichen Holzbänken (vermutlich Buche) mauve, von Kombination zu sprechen wäre bei dieser Farbmischung ein Hohn. Umso mehr muss ich lachen. Wir befinden uns in der Augenklinik, hier kommts ganz offensichtlich von allen Teilen des Krankenhauses am wenigsten drauf an, wie die Umgebung aussieht. Und während ich den Italiener in meine Beobachtung einweihe und seinen Ausführungen dazu lausche**, entfalten Spott und Gelächter ihre beruhigende Wirkung. Und dann ist mir wieder klar, was für ein Glück es ist, hier zu leben. In ein Krankenhaus gehen zu können, wo man zu jeder Uhrzeit untersucht und behandelt wird. Eine gültige Versicherungskarte zu besitzen. Und eigene Organe, die einem wahrscheinlich nicht mal jemand wegnehmen will. Einen Kühlschrank, in dem man die Antibiotika fachgerecht lagern kann. Und ein Telefon, das alle 30 Minuten für mich Mr. Tambourine Man spielt, damit ich daran denke, mir diese kostbaren Tropfen zu verabreichen. Ich mag Schmerzen haben. Aber ich habe auch Schwein.
* Noch ein Titel aus der Kategorie “unhandlich, aber notwendig”.
** Man habe vielleicht die Patienten die Einrichtung wählen lassen, und die seinen halt oft farbenblind. Was ich für eine ebenso originelle wie plausible Theorie halte.
Reformen.
Ich tue mich schwer mit Neuerungen in bewährten Systemen. Trotzdem musste anlässlich des Mumford & Sons - Albums diesem Blog eine zweite CD-Kategorie hinzugefügt werden. Diese ist vorläufig nur ein Provisorium. Aber seit ich diese Scheibe besitze, bin ich pausenlos geradezu ekelerregend glücklich, weshalb eine etwas dauerhaftere Würdigung natürlich auf der Hand liegt.
Nichtsdestotrotz bestreiten den eigentlichen Soundtrack des Monats aber die tapferen Mannen von Dabu Fantastic, weshalb sie an der dafür angemessenen Stelle erwähnt werden. Die neue Scheibe entschädigt mich zehnfach für die davor, wenns denn überhaupt nötig war. Und fuck, gehen die ab auf der Bühne. Immer älter, immer wilder. Rockt!
Diese Reform musste übrigens nur ein Gremium überzeugen. Und voilà. Ein andermal wieder mit Inhalt!
Schule ist doof.
Warum lässt man Teenager* immer noch um halb acht zum Unterricht erscheinen, wo doch mittlerweile erwiesen ist, dass das aufgrund altersbedingter Morgenschläfrigkeit gar keinen Sinn macht?
Und warum bemüht man sich, ihnen Hebelgesetz und Musikgeschichte beizubringen, wo doch jeder aus eigener Erfahrung weiss, dass einen mit vierzehn Jahren höchstens die Gesetze des eigenen Hebels und der eigene Liebeskummer viel mehr als der von Mozart interessieren?
Warum verkauft man den heutigen Schülern das Gymnasium immer noch als derart erstrebenswerte Variante?
Warum nehmen wir die, die etwas lernen wollen, nicht endlich weg von denen, die nicht wollen oder die gerade entwicklungsbedingt nicht dazu in der Lage sind?
Wir machen fast alles falsch. Zum Glück ist das ein unpolitischer Blog. So muss ich nicht mehr dazu sagen.
Dafür sagt Herr Reichenbach etwas dazu.
*Mich dazu herabzulassen, davon eine künstlich feminisierte Form zu tippen, wäre ungefähr das Fünftletzte, was mir in den Sinn käme.