Eine Anleitung in zehn Schritten, Handhabung mit der nötigen Ernsthaftigkeit empfohlen.
1. Das Spiel eignet sich besonders für inhaltsarme Vorlesungen, lange Zugfahrten oder Küchentischgespräche mit alten oder potenziellen neuen Freunden / Mitbewohnern / Reisebegleitungen / Scheinehepartnern etc. Letztere Empfehlung basiert auf der von Dr. Wundermann bereits früher proklamierten Hypothese , dass es viel über einen Menschen aussagt, was er werden wollte, als er klein war*.
2. Man nehme ein grosses weisses Blatt und je nach Ernsthaftigkeit einen oder mehrere** Stifte.
3. Man schreibe, intuitiv und scheinbar planlos über das Blatt verteilt alle Namen von Berufen auf, die man jemals für erstrebenswert hielt***.
4. Man ergänze die Sammlung um die Berufe, mit denen man sich ernsthaft auseinandergesetzt hat. Hoffentlich gibt es hier erste Überschneidungen.
5. Man ergänze die Sammlung um die Berufe, von denen einem mindestens halbwegs vernünftige Leute einmal gesagt haben, dass man sich dafür gut eignen würde. Auch hier sind Überschneidungen wahrscheinlich, lassen Sie sich nicht beirren.
6. Verbinden Sie Berufe, die Ähnlichkeit miteinander haben, durch Linien. Falls sie zwanghaft ganz gerade Linien ziehen müssen, sprechen Sie mit Ihrem Therapeuten darüber.
7. Bemühen Sie nun wenn möglich eine neue Farbe. Streichen Sie alle Berufe durch, die für Sie nicht mehr in Frage kommen. Überprüfen Sie jeweils beim Streichen eines Berufes gleich die damit aufgrund von Ähnlichkeit mit Linien verbundenen - gut möglich, dass Sie die gleich mit streichen können. So kommen Sie am schnellsten vorwärts.
8. Lesen Sie sich die übriggebliebenen Berufe aufmerksam durch. Falls Sie neue Gemeinsamkeiten entdecken, markieren Sie diese.
9. Verteilen Sie den verbleibenden Berufen 0-5 Punkte in den Kategorien a) Salär, b) Prestige und c) persönliches Interesse. Falls Sie Kinder haben möchten**** oder bereits haben, ergänzen Sie um Kategorie d) Vereinbarkeit mit Familie.
10. Wiederholen Sie Schritt Nr. 7 unter Berücksichtigung der bei Schritt 9 verteil-ten Punkte. Je weniger Berufe übrigbleiben, desto einfacher für Sie. Bei unmöglichen Entscheidungen sei an dieser Stelle einmal mehr der gute alte Münzwurf***** empfohlen. Viel Erfolg!
Und, was bleibt Ihnen jetzt übrig?
*Natürlich wäre auch zu berücksichtigen, warum er das wollte. Dies sei hier als implizit vorausgesetzt.
**Natürlich in unterschiedlichen Farben. Auch, wenn man nicht Primarlehrerin ist.
***Natürlich auch die, von denen man nie jemandem erzählt hat. Wie, Sie wissen nicht mehr, was Sie als Kind werden wollten? Dann schreiben Sie halt “Astronaut” oder gehen Sie gleich zum Psychiater.
****Natürlich könnte man auch ein blödes Spiel entwickeln, um diese Frage zu klären. Aber das wäre vermessen.
*****Natürlich können auch mehr als zwei Möglichkeiten übrigbleiben. Dann würfeln Sie halt.
Zehn Dinge II.
Zehn Dinge, die ich diesen Sommer getan habe, von denen ich früher dachte oder sogar sagte, dass ich sie nie tun würde:
1. Einen nassen Hund umarmen.
2. Ein Kind anschreien.
3. Eine dreckige Toilette benutzen, obwohl es gleich daneben noch andere freie Toiletten hätte.
4. Im Jogging-Tenue mit dem Schweiss einer ganzen Stunde auf dem Rücken in der Migros einkaufen gehen*.
5. Touristen absichtlich in eine falsche Richtung verweisen**.
6. Mit einer selbstgebastelten Tonfigur reden.
7. Knutschflecke überschminken.
8. Umziehen im Gummiboot. Auf offener See.
9. Unter der Dusche Sternsingen. Also Adrian. Amerika, Sie wissen schon.
10. Am Steuer den Mittelfinger strecken.
Fazit: Ein Saisonjob auf dem Campingplatz kann dem eigenen Moral- und Sittenverständnis ganz schön zusetzen. Das ist aber nicht nur schlecht. Mein Buch darüber erscheint irgendwann in den nächsten zehn Jahren. Möglicherweise.
* Zwar nur eine Flasche Gatorade. Aber trotzdem.
** Damit sie nicht am selben Ort landen wie ich.
Echte Profis haben ein Herz.
Es folgt die Darstellung zweier professioneller Glücksmomente:
1. Einer der Professoren, für den ich arbeiten kann, hat mir sein neustes Buch gezeigt. Als er dies zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Kaffeepause relativ begeistert ankündigte, schwante mir Böses. Mir ist die übliche ungezwungene Unterhaltung am runden Tisch wahrlich teuer und ich wollte sie ungern gegen gekünstelten, halbinteressierten Minimaltalk über eine Publikation, von der ich sowieso nichts verstehe, eintauschen. Aber jetzt kommts: Das Buch ist richtig gut. Und erörtert genau eines der Themen, die mich schon lange jucken. Ich war schon beim Inhaltsverzeichnis wild entschlossen, es zu lesen und hätte gerne mehr Kaffee und mehr Informationen gehabt.
2. Meine Mittagspause verbringe ich wie nicht unüblich im Internet, in der Hand ein imaginäres Sandwich. Auf Facebook teilt ein “Freund” seinen “Freunden” fröhlich mit, dass er in seiner Eigenschaft als passionierter Mikrobiologe* gerade in der Lage war, den Bakterienstamm, der für seine derzeitige Ohrinfektion verantwortlich zeichnet, selber zu züchten und dadurch richtig zu bestimmen. Sinnigerweise merkt er an, dass das eventuell nicht ganz normal sei. Trotzdem scheint er sich sehr zu freuen.
Fazit: Ich liebe es, wenn Leute gut sind in dem, was sie tun.**
*Diese Angabe muss reichen. Was er genau macht, versteht nun wirklich niemand.
**Und dabei ist mir im Gegensatz zu McDonalds sehr wohl bewusst, was für ein starkes Wort das ist.