Mitgehört V.

Folgende einleuchtende Erkenntnis kam mir dieses Wochenende zu Ohren:

Er sagte: “Diese Hipster sehen mit ihren seitlich-kurz-und-oben-etwas-länger-Frisuren alle gleich aus. Merken die das eigentlich nicht?”

Ich dachte: Doch, die merken das. Aber die wollen das. Sonst würden sie ja nicht alle die gleiche Brille kaufen.

Was nicht heisst, dass es mich stört. Bäume stören einen ja auch nicht.*






*Ausser manchmal beim Autofahren. Aber das ist eine andere Geschichte.

Moderne Zeiten.

“Du, ich muss nochmal kurz los, hab vergessen, ein Wohnzimmer zu kaufen!”



Schon toll, in was für Zeiten wir leben. Und wie nahe bei der Zivilisation*. Den lächerlich tiefen Preis meines Wohnzimmerteppichs begründe ich mit den guten Sozialversicherungen in Skandinavien. Wie? Das fragen Sie mal besser Ingvar Kamprad.




*Die Zivilisation erkennt man an der regelmässigen Streuung von grossen gelbblauen Möbelhäusern jeweils alle paar zig Quadratkilometer. Kann da mal jemand genaue Zahlen liefern? Herr Kamprad?

Studenten während der Semesterferien exposed oder: Zu Besuch im Faultier-Waisenhaus.

Das wurde mir* heute zugeschickt. Der Kommentar lautete: “Das ist ja so süss! So eines will ich haben!”

Ich vermeide das Wort süss. Und ich will auch kein Baby-Faultier haben. Aber ich glaube, ich möchte eins sein!



Kann man das eigentlich nicht gut finden? Danke, M., ich hoffe, du findest bald ein süsses Faultier. Oder ein anderes äusserst liebenswürdiges behaartes Lebewesen, das am liebsten fressend und sich gelegentlich zufrieden am Arsch kratzend in deiner Wohnung rumhängt.



*Und gemäss Mailprogramm noch etwa zwanzig anderen ehemaligen Mitschülerinnen, willkommen im Privatsphärezeitalter.

Warum machen wir das bloss II

Eine bei Weitem nicht abschliessende Liste von Dingen, bei denen ich Menschen* immer wieder beobachte, und nie verstehe, warum sie das tun.

- Einander ausführlich eklige Speisen in allen möglichen unverdauten und verdauten Zuständen beschreiben. Niemand will das hören, oder?

- Einander Sachen zum probieren anbieten, die man selber soeben für widerlich befunden hat. “Probier mal, das schmeckt grauenhaft / verdorben / brechreizend!”

- Leere oder praktisch leere Gebinde, vorzugsweise Milchflaschen, zurück in den Kühlschrank stellen. Ist es Reflex? Oder Faulheit?**

- Einander aus dem Zug anrufen, um zu sagen, dass man “gleich da” oder “gleich zu Hause” ist***.

- Sich über mühsame Eigenschaften an jemand anderem ärgern, die man bzw. weil man sie selber hat. Anstatt Koalitionen oder zumindest Selbsthilfegruppen zu bilden!


Kann mal bitte jemand hinreichend begründen, warum das so ist? Und es dann in Buchform bringen, mir widmen und ein Exemplar nach Bern schicken, danke.




*, mich selbst eingeschlossen,
**Weil der Mülleimer weiter weg ist als der Kühlschrank, vor dem man ja immer noch steht, weil man ja aus der Flasche getrunken hat, weil man nämlich auch zu faul war, um sich ein Glas zu nehmen.
*** Ist nur legitim, wenn darauf mindestens die Frage “Soll ich noch was vom Laden am Bahnhof mitbringen?” folgt.

Die Kundin für Murten.

Was für ein Land!

Wenn ich nicht hier leben würde, ich müsste glatt hinzügeln. Und das Meer könnte mich mal.

(Ok Frankreich, jetzt kannst du wieder hinhören. Jaja, schon gut, nimm die Baguettes aus den Ohren.)

Einerseits ist es natürlich das erbarmungslos zunehmende Alter, das einen so schätzen lernt. Andererseits und akuterweise die gestrige Episode im Intercity. Dafür muss ich etwas ausholen:

In den letzten drei Wochen war ich sieben Mal in Zürich. So auf den ersten Blick geht das noch, finde ich*. Als längst erprobter Mittelstreckenpendler kenne ich also alle Tricks, die eine Zugreise diesen Ausmasses erträglicher machen. Ich weiss, wie man auf den Toiletten zurechtkommt, ohne etwas anfassen zu müssen**, selbst wenn das Licht ausfällt.
Natürlich habe ich mich wie alle Schweizer und Pendler bzw. Kombinationen derselben schon etliche Male über die SBB geärgert. Weil wir zu zweit schon am Nachmittag um drei kein freies Viererabteil mehr fanden. Oder weil die Klimaanlage nicht funktioniert/zu warm/zu kalt eingestellt ist. Oder weil Anschlüsse “infolge Verspätung” einfach nicht mehr da waren.

Zwischen Bern und Zürich wird dieser Tage bzw. Nächte gebaut, deshalb braucht der Intercity nachts immer etwas länger. 13 Minuten länger, um genau zu sein. Das führt regelmässig zu Anschlusspanik***. Gestern hat sich häufig ausgerufene “Zugteam der SBB” etwas ganz Schönes einfallen lassen, um die Menschen zu beruhigen. Fünf Minuten vor Bern verkündete der Zugführer die mittlerweile übliche Verspätung. Und dann:

“Die Kundin für Murten: Der Anschluss ist gewährleistet!”

Die Kundin für Murten. Es hätte ich sein können. Und die Information, dass sie da war und ein Bedürfnis hatte, nach Hause zu kommen, hatte es bis zum Lokführer geschafft. Und der wandte sich auch noch direkt an sie, über Lautsprecher! Wie wichtig kann man sich denn noch fühlen? Es kam noch besser, als er “den Kunden für Konolfingen” sagte, “auch für Sie” würde der Anschlusszug warten. Ich unterdrückte mein Applaudierbedürfnis und freute mich, als hätte eine der Ansagen mir gegolten. Als ich mich wieder zurücklehnte, fühlte ich einen leicht stechenden Widerstand im Rücken: Es war mein schweineteures Generalabonnement.

Was für ein Land!






*Meine Sozialisation war teilweise stark geprägt von Menschen, die in dieser Gegend leben, was mich sehr tolerant gegenüber lautem Reden und erschreckend kompetent in zürideutscher Sprache gemacht hat. Meine Freunde von hier haben manchmal etwas Mühe, das nachzuvollziehen.

**Ein immer wieder hilfreiches Relikt aus einer Keimphobie-Phase.

***Sie wissen schon.

Alle sind eins.

Leuten, die keine Hobbies haben, schlage ich immer wieder gern welche vor. Man braucht so etwas, da bin ich überzeugt. Neulich habe ich jemandem* geraten, schlimme Gesichter zu sammeln. Diese Gesichter, die jeder Mensch hat und die keinem stehen. Sie verstand überhaupt nicht, was ich meinte. Ich gab ihr als Grundstock für ihre Sammlung die folgenden drei Gesichter mit:


1. Das Gähn-Gesicht. Kein Mensch sieht gut aus, wenn er gähnt. Und trotzdem hat es etwas Tröstliches, etwas Verbindendes (nicht nur, weil es sogar über Fotos und Telefone ansteckend ist), wenn man jemanden sieht, dessen Gesicht gerade nach maximaler Kieferdehnung wieder zusammensackt. Man versteht sofort. Man ist eins.**



Bild ausgeliehen bei http://cootelibeau.files.wordpress.com


2. Das Kurz-vor-dem-Niesen-Gesicht. Man muss nichts dazu sagen. Probieren Sie es schnell aus. Im Büro, zu Hause, in der S-Bahn, wo auch immer. Ziehen sie die Augenbrauen in die Höhe, schliessen sie die Augen halb und spannen sie die Mundwinkel schräg nach unten. Gleichzeitig geräuschvoll nach Luft schnappen - voilà. Keiner sieht dabei gut aus. Das ist aber gut zu Wissen.

3. Das Zungen-Pul-Gesicht. Also das Gesicht, dass man macht, wenn man versucht, mit der Zunge etwas zwischen den Zähnen hervorzupulen. Dabei spielt es keine Rolle, ob hinter den Weisheitszähnen oder vorne zwischen den Schaufeln gestochert und gesaugt wird - man macht ein schlimmes Gesicht. Akut wird es, wenn es mit dem Aufmerksam-Zuhören-Gesicht und gelegentlichem Nicken zu kombinieren versucht wird. Das sollte man keinem Gesprächspartner antun. Ausser, man weiss, dass es ihm guttäte, zu wissen, dass alle Menschen in gewissen Situationen ebenso furchtbar aussehen, wie er sich in den meisten fühlt. Dann würde er wenigstens merken: Alle sind eins, wenn sie schlimme Gesichter machen.

Die nicht minder notwendigen Ausführungen zum Lidstrich-Gesicht und zum Gitarrensolo-Gesicht werden Teil der schriftlichen Dokumentation meiner Foto-Vernissage “Schlimme Gesichter aller Nationen” sein, unterstützt von der Stadt Bern und vom Migros Kulturprozent. Stay tuned.




*es war jemand zugegebenermassen jemand wirklich sehr Verzweifeltes

**Während dem Tippen dieses Abschnitts musste ich acht neun zehn elfmal gähnen. Dies ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich hoffe, dass Leser meines Textes gähnen müssen, einfach, um die Gewalt dieser universalen Geste der Menschlichkeit zu demonstrieren.

Zehn Dinge III. Procrastination for beginners.

Mehr oder weniger sinnvolle Aktivitäten zur Aufschiebung richtiger Arbeit. Fast alles heute getestet, obwohl das meiste seit langem als bewährt anerkannt.

1. Staubsaugen.
2. Aufwändig kochen, obwohl man alleine ist und isst.
3. Nach dem Kochen die Küche Reinigungsarbeiten auf Zahnbürstenniveau unterziehen.
4. Den Rest der Wohnung ausgiebig putzen.**
5. Briefe an Verwandte schreiben.
6. Die Frist für die Steuererklärung verlängern.
7. Einzelne Zeilen von Blogeinträgen nur mit den Daumen tippen.
8. Formulare für alle möglichen Behörden ausfüllen.
9. Joggen.
10. Alle Lieder spielen, die man mal gelernt hat.

Und was machen Sie?





*Facebook ausgenommen. Das ist nicht mal “weniger sinnvoll”.
**Damit es auch wirklich lange dauert, empfiehlt es sich, dabei zu singen und alle zehn Minuten zur Stereoanlage zu hasten, um den Sender zu wechseln.

Das Beste am Büro.

Das beste am ins Büro gehen* ist der Kalender, der in unserem Foyer hängt. Ich weiss nicht, wem er gehört oder wer die Blätter jeden Tag abreisst. Aber ich hoffe, er bleibt da, so lange ich dort arbeite.






*bzw. manchmal überhaupt das einzig Gute am ins Büro gehen

Drama in einer Szene.

In einem Waggon der Schweizerischen Bundesbahnen, es ist relativ früh, doch sind nur wenige Menschen unterwegs. Eine junge Frau sitzt im zweiten Abteil und denkt sich nichts Böses.


AUFTRITT PASSAGIER 1

PASSAGIER 1: (drapiert seine hervorlugenden Boxershorts und die Silberkettchen, lässt sich schwer in den Sitz gegenüber der Frau fallen) Uff!
FRAU: (denkt) Hoppla, wenn der sich ans Fenster lehnt, gibts einen Fleck aus teuren Haarpflegeprodukten.
PASSAGIER 1: ( legt seine mitgebrachte Gratiszeitung hin, schliesst die Augen und lehnt sich ans Fenster.)

Einige Minuten verstreichen, AUFTRITT PASSAGIERIN 2, eine sehr alte Dame

PASSAGIERIN 2: Hmm-hmm-hmmm.
FRAU: (lächelt)

PASSAGIERIN 2 will am Abteil vorbeigehen, sieht die Gratiszeitung und hält an, um sich diese vorsichtig zu angeln. Bemerkt befremdeten Blick von FRAU.

PASSAGIERIN 2: (flüstert sehr verschwörerisch) Är hets nid gmerkt.

PASSAGIERIN 2 GEHT SUMMEND AB.


Ich musste das Abteil wechseln. Ich hätte den verstörten Blick des Mannes bestimmt nicht ertagen, wenn er ohne seine Zeitung aufwacht.

Drei Gründe I.

Zum Beginn einer neuen Serie* im Liesenhausen:


Drei Gründe für ein ehrliches Lächeln. An einem einzigen Tag.

1. Ein winziges Schaf**, dass völlig aus dem Häuschen quer über die Weide raste, um sich am Zaun mit einem vorbeispazierenden Rentnerpärchen zu unterhalten.
2. Schlafende geschniegelte Banker im Zug.
3. Die freundliche Frau im Tankstellenshop. Das war etwa das fünfte Mal, dass sie mir in meinem Leben einen schönen Tag wünscht. Und das fünfte Mal, das ich dachte: Die meint das wirklich ernst. Landi, halt.



Nicht, dass es sonst keine Gründe gegeben hätte. Aber das waren drei, die niemand erwarten konnte.






* die vielleicht auch mehr als zwei Teile haben wird
** Lamm klingt nach Essen. Ich will aber einen Jöö-Effekt.

Mitgehört II.

Es war ein herrlicher Sommertag, der erste nach einer Reihe von trüben Halbhell-Phasen zwischen den Nächten. Er hatte mit grossem Elan die Laufschuhe gesattelt und die grosse Runde fast in Bestzeit absolviert, als er zufrieden, wenn auch ordentlich schnaufend, im heimischen Garten eintrudelte. Sie sass auf der Schaukel und erhob den Blick aus ihrem Buch, als sie ihn näherkommen hörte. Und fragte:

“Warum hast du denn so einen roten Kopf?”

Er hätte sagen können, es sei von der Sonne, die ihn verbrannt habe. Er hätte sagen können, er habe sich gerade zwölf Kilometer lang angestrengt. Oder er hätte sagen können, die Hitze bringe seine Birne zum Glühen. Stattdessen sagte er:

“Ich finde das schön so.”

Von Design-Irrtümern und Organhandel-Ängsten*

Ein leichtes Gruseln beschleicht mich. Irgendwann im Laufe eines vielleicht knapp zweistündigen Aufenthalts in der Notaufnahme der Gesundheitsinstitution meines Vertrauens wird mir klar, dass die hier mit einem machen können, was sie wollen. Der Mann, der mich von der Notaufnahme aus durch ein höchst komplexes Untergrundlabyrinth von immer gleich und doch immer hässlicher aussehenden Fluren lotst, spricht kaum deutsch und sieht ein bisschen aus wie einer der rumänischen Auftragsmörder, denen sie im Tatort jeweils am Ende alles in die Schuhe schieben, was mit der Auflösung des Falls noch nicht aufgegangen ist. Kein Arzt hat mich zugewiesen, ich habe keinen Termin, niemand weiss mit Bestimmtheit, dass ich hier bin. Man könnte mich auch in einen Kühlraum führen und einige Stunden später, hoppla, wir haben einen unbekannten Organspender, welch ein Glück! Ein Herz, eine Lunge, zwei Nieren, zwei - ach nein, nur eine - Hornhaut, sogar die Leber wäre für einen durchschnittlichen Fussballmatchtrinker noch ein echter Gewinn. Die könnten mich einfach verteilen, der Nachweis wäre unheimlich schwierig.

Aber der Mann, also der Rumäne, der eigentlich Italiener ist, seufzt und sagt “Viel Arbeit”, einfach damit etwas gesagt ist. Ich nehme das Stichwort dankend auf und verwickle ihn in ein Gespräch. Er geleitet mich auf direktem Weg durch die Flure, auf denen er seit 19 Jahren wandelt, und platziert mich schliesslich im scheusslichsten Wartezimmer, das ich je gesehen habe. Der Boden ist dunkelgrau gemustert, die Wände mintgrün und die Polster auf den rötlichen Holzbänken (vermutlich Buche) mauve, von Kombination zu sprechen wäre bei dieser Farbmischung ein Hohn. Umso mehr muss ich lachen. Wir befinden uns in der Augenklinik, hier kommts ganz offensichtlich von allen Teilen des Krankenhauses am wenigsten drauf an, wie die Umgebung aussieht. Und während ich den Italiener in meine Beobachtung einweihe und seinen Ausführungen dazu lausche**, entfalten Spott und Gelächter ihre beruhigende Wirkung. Und dann ist mir wieder klar, was für ein Glück es ist, hier zu leben. In ein Krankenhaus gehen zu können, wo man zu jeder Uhrzeit untersucht und behandelt wird. Eine gültige Versicherungskarte zu besitzen. Und eigene Organe, die einem wahrscheinlich nicht mal jemand wegnehmen will. Einen Kühlschrank, in dem man die Antibiotika fachgerecht lagern kann. Und ein Telefon, das alle 30 Minuten für mich Mr. Tambourine Man spielt, damit ich daran denke, mir diese kostbaren Tropfen zu verabreichen. Ich mag Schmerzen haben. Aber ich habe auch Schwein.




* Noch ein Titel aus der Kategorie “unhandlich, aber notwendig”.
** Man habe vielleicht die Patienten die Einrichtung wählen lassen, und die seinen halt oft farbenblind. Was ich für eine ebenso originelle wie plausible Theorie halte.

Von Komikern und anderen Säcken.

“Do something drastic to rid your world of plastic.”

Tim Minchin ist ein politisch hochgradig unkorrekter Komiker, sauguter Pianist und grossartiger Wortkünstler. Seit er nach einer Rockstarparodie beschloss, die Haare, die Röhrenjeans und die Schminke gleich dranzulassen, ist er auch mächtig erfolgreich im angelsächsischen Raum. Ich warte noch darauf, dass er den atheistischen Missionierungszwang ablegt, um ihn endgültig als einen der lustigsten Menschen der Welt klassieren zu können. Die Altersmilde wird da hoffentlich helfen. Doch nun zur Idee:

Dieses Video ist schon recht alt. Aber es hat nichts von seiner Aktualität und Ironie eingebüsst. Kenner des ungepflegten britischen Humors fühlen sich vielleicht an Russell Brand erinnert, der es wiederum in seiner Rockstarparodie mit dem 4-Chord-Song “We gotta do something” auf den Punkt brachte. Das hier ist aber noch älter und noch besser. Ich finde es ja auch super, wenn sich Rockstars* für die Umwelt engagieren. Aber Rockstars gibts nicht gerade viele, und beim Verschleiss von Plastiktüten macht nun mal die Masse, sprich: das gemein(t)e Volk den Unterschied.

Ich mag diese Baumwollsäcke nicht sehr. Die erscheinen mir unhygienisch und haben bestimmt eine mindestens so fragwürdige Ökobilanz wie Biobaumwollshirts. Also habe ich beschlossen, diesen Sommer immer einen Plastiksack dabeizuhaben. Einen von zu Hause. Der braucht kaum Platz in der Tasche. Und wenn ich etwas kaufe, sage ich dem Frölein “Nein danke, ich brauche kein Seckli” und nehme den hervor und packe es da rein. In meinen alten Plastiksack, wo vorher schon mal H&M-Kinderarbeits-Unterhosen oder Müller-Haarshampoo drin waren. Recycling ohne Wegwerfen ist das. Das wird wirklich super.





*Es ist hier eine formelle Warnung vor dem inflationären Gebrauch dieses Adelstitels angebracht. Hier ist sie, genau hier.

Sensibilisierung für die Verkehrssicherheit.

Nein, heute spreche ich nicht über Kondome. Aber über die neue Kindersitz-Regelung. Es ist schon viel darüber geschrieben worden, was für ein Scheiss das ist für F-Junioren-Mamis, Primarlehrerinnen, Schulbusfahrer und motorisierte Kinderbetreuer aller Art. Auch der Wagen* meiner Mutter hat jetzt solche Schalensitze, gewaltige Marterpfähle aus Schaumstoff und Plastik, an denen die Kinder festgeschnallt werden können. Ausserdem stören die Dinger, da sie höher sind als normale Kopfstützen und im Gegensatz zu denen keine offene Stelle mehr haben, wo man durchsieht, die Sicht nach hinten empfindlich. Da aus offensichtlichen Gründen wohl mehr Frauen- als Männerautos mit diesen Ungetümen ausgestattet werden, werden öffentliche Parkplätze nun noch gefährlicher. Wenn man schon mit klarer Sicht durch die Heckscheibe nicht einparken kann, wie soll das denn gehen, wenn noch eine Wand aus Schaumstoff diese fast komplett verhindert?

Dreipunktegurte auf allen Sitzen würden doch wirklich reichen. Anlässlich eines kürzlich gefeierten Geburtstag wurde zweifelsfrei heroisch bewiesen, dass der gute alte Sicherheitsgurt auch zur Bewältigung von hochsensiblen Aufgaben bestens im Stande ist:




*Obwohl “Wagen” für eine Lunchbox auf Rädern ein etwas gar erhabener Begriff ist.

Warum macht er das bloss?

DISCLAIMER: Der folgende Blogpost ist von himmelschreiender Oberflächlichkeit. Aber auch nötig.


Gestern im Bus, da sass ich Colin Farrells deutlich jüngerem Bruder gegenüber. Oder zumindest einem sehr jungen Mann, der sich problemlos als solcher hätte ausgeben können. Er war besser rasiert als die Originalversion, hatte kürzere Haare und einen noch durchdringenderen Blick. Er stand sehr aufrecht und alles an ihm war extrem cool. Die abgeraffelten weissen Nikes*, das richtig alte Shirt; die Trainerhose konnte ich verzeihen, da er eine ebenso abgeraffelte Sporttasche trug und eindeutig gerade vom Training kam. Allerdings baumelten an seinem Kragen mehrere Halskettchen - das hätte mich eigentlich stutzig machen müssen. Ob meiner fundierten Beobachtung vergass ich jedenfalls, an meiner Haltestelle auszusteigen.

Dies sollte sich als fatal erweisen, denn nun musste ich beobachten, wie er seinerseits seine Tasche ergriff und sich zur Tür begab. Dies erforderte eine Drehung seines Körpers um 90 Grad. Und ebendiese Drehung offenbarte mir an seiner rechten Seite… ein winziges Umhängetäschchen. Eines von Louis Vuitton, oder eines das zumindest so tat**, als sei es von da. Ich war fassungslos. Zahlreiche Frauen in meinem Bekanntenkreis besitzen Portemonnaies mit mehr Fassungsvermögen als diese ekelhafte Entschuldigung für eine Handtasche bot. Und zu seinen Füssen stand eine riesige Sporttasche, in der noch zehn dieser Täschchen Platz gefunden hätten.

Es kann ihm also nicht um den Stauraum gegangen sein. Und iPhone und Portemonnaie sind in einem blöden Täschchen nicht leichter zugänglich als im Aussenfach einer grossen Sporttasche. Ich blieb in meiner grenzenlosen Verstörung noch zwei Stationen lang sitzen und meditierte über der Frage, was ihn dazu veranlasst haben könnte, sich so eigenartig zu verhalten. Und fragte mich, was schlimmer sei: eine so schwerwiegende Geschmacksverstauchung*** oder ein modisches Kindheitstrauma. Denn eins von beidem muss es gewesen sein.








*Wobei Kinderarbeit nicht cool ist. Aber das ist ein ganz anderes Thema.

**Siehe dazu “Wyrd Sisters” von Terry Pratchett: “Things that try to look like things often look more like things than things. Well-known fact.”

***
Nur, um das klarzustellen: Ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen Handtaschen, auch bei Männern nicht. Aber die Taschenmänner, die ich kenne, tragen ja auch nicht Täschchen.

Zehn Dinge I. Unerwartete und teilweise erfreuliche Entdeckungen der letzten Wochen.*

1. Tanzen auf hohen Absätzen ist verdammt schwierig.**
2. Britisches Fernsehen macht glücklicher.
3. Auch Männer müssen sich Mut antrinken.
4. Dreimal Fondue in zweieinhalb Tagen ist zu viel.***
5. Im Winter ist das Emmental am schönsten.
6. Der Satz: “Ich habe mir den Gluteus Maximus gezerrt****” löst bei meiner eigenen Altersgruppe entweder verständnisvolles Nicken oder anzügliches Grinsen aus. Ältere Menschen hingegen sagen: “Ah, Skiunfall?”
7. Lady Gaga schreibt schöne Popsongs, wenn man sie lässt.
8. Allradautos tönen immer so, da ist nichts kaputt am Tourenzähler.
9. Wenn es um Taylor Swift geht, sind sich mein innerer Teenager und mein innerer Musikkritiker völlig einig.
10. Warten lohnt sich nur selten.





*Das ist ein sehr unhandlicher Titel. Aber hübsch.
**Bedeutet das, dass es auch eine minimale Intelligenz voraussetzt? Sind also nur dumme Tussen in Turnschuhen wirklich dumm?
***Vom Käse her. Der Weisswein läge drin.
****Natürlich nenne ich den betreffenden Muskel im Tagesgespräch nicht bei lateinischem Namen. Aber mein Lieblingswort dafür wird mittlerweile zu oft für Politiker missbraucht, und dieser Blog ist unpolitisch.

Mitgehört.

“Mutti, ich habe heute den Mann meines Lebens getroffen.” - “Das ist aber schön. Weiss er schon etwas davon?”


Nicht mit jedem jugendlichen Gefühlsausbruch muss man sich ernsthaft beschäftigen. Viele Mütter wissen das. Erfrischend. Sollte allerdings eine grössere Summe vom Konto der Tochter verschwinden und der Schlafsack aus Pfadfinderzeiten plötzlich an der Wäscheleine hängen, ist Vorsicht geboten. Sie könnte überstürzt heiraten wollen.