DISCLAIMER: Der folgende Blogpost ist von himmelschreiender Oberflächlichkeit. Aber auch nötig.
Gestern im Bus, da sass ich Colin Farrells deutlich jüngerem Bruder gegenüber. Oder zumindest einem sehr jungen Mann, der sich problemlos als solcher hätte ausgeben können. Er war besser rasiert als die Originalversion, hatte kürzere Haare und einen noch durchdringenderen Blick. Er stand sehr aufrecht und alles an ihm war extrem cool. Die abgeraffelten weissen Nikes*, das richtig alte Shirt; die Trainerhose konnte ich verzeihen, da er eine ebenso abgeraffelte Sporttasche trug und eindeutig gerade vom Training kam. Allerdings baumelten an seinem Kragen mehrere Halskettchen - das hätte mich eigentlich stutzig machen müssen. Ob meiner fundierten Beobachtung vergass ich jedenfalls, an meiner Haltestelle auszusteigen.
Dies sollte sich als fatal erweisen, denn nun musste ich beobachten, wie er seinerseits seine Tasche ergriff und sich zur Tür begab. Dies erforderte eine Drehung seines Körpers um 90 Grad. Und ebendiese Drehung offenbarte mir an seiner rechten Seite… ein winziges Umhängetäschchen. Eines von Louis Vuitton, oder eines das zumindest so tat**, als sei es von da. Ich war fassungslos. Zahlreiche Frauen in meinem Bekanntenkreis besitzen Portemonnaies mit mehr Fassungsvermögen als diese ekelhafte Entschuldigung für eine Handtasche bot. Und zu seinen Füssen stand eine riesige Sporttasche, in der noch zehn dieser Täschchen Platz gefunden hätten.
Es kann ihm also nicht um den Stauraum gegangen sein. Und iPhone und Portemonnaie sind in einem blöden Täschchen nicht leichter zugänglich als im Aussenfach einer grossen Sporttasche. Ich blieb in meiner grenzenlosen Verstörung noch zwei Stationen lang sitzen und meditierte über der Frage, was ihn dazu veranlasst haben könnte, sich so eigenartig zu verhalten. Und fragte mich, was schlimmer sei: eine so schwerwiegende Geschmacksverstauchung*** oder ein modisches Kindheitstrauma. Denn eins von beidem muss es gewesen sein.
*Wobei Kinderarbeit nicht cool ist. Aber das ist ein ganz anderes Thema.
**Siehe dazu “Wyrd Sisters” von Terry Pratchett: “Things that try to look like things often look more like things than things. Well-known fact.”
***Nur, um das klarzustellen: Ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen Handtaschen, auch bei Männern nicht. Aber die Taschenmänner, die ich kenne, tragen ja auch nicht Täschchen.