Von Treue und Vergebung.

Vor einiger Zeit hatte ich einen schweren Schlag zu verarbeiten, als meine zweitliebste Stimme auf Erden eine fürchterliche Single veröffentlichte. Mein Songwriting-Idol hat sich von irgend so einem hodenunterkühlten Hitroboter* dreinreden lassen. Was dabei herauskam, war die akustische Entsprechung des Gefühls, das man hat, wenn man mit einer frischen Zahnfüllung auf Alufolie beisst. Das Trauma hatte auch einen positiven Effekt. Trotzdem war ich wirklich niedergeschlagen. Als ich herausfand, dass der Produzent der Single auch beim Titelsong als Co-Writer aufgeführt sein würde, erstickte die zarte Flamme meiner Hoffnung bis auf einen letzten Funken.

Dem wurde dann aber eifrig zugefächelt, als ich ein verwackeltes Youtube-Video mit mittelmässiger Soundqualität von einem aktuellen Konzert sah. Da hörte ich einen weiteren neuen Song, der das gleiche bewirkte wie die früheren: Ich wollte mir daraus ein Haus bauen und darin wohnen. Getrieben vom festen Glauben und unzerstörbarer Loyalität** bestellte ich die Scheibe also doch. Heute habe ich sie gehört. Das war sehr gut.

Die Single ist und bleibt der absolute Tiefpunkt. Daneben gibt es noch ein paar mehr oder weniger kleine unnütze Unmöglichkeiten, die live hoffentlich wegfallen werden. Aber in der Essenz ist das Alte noch da. Der Songwriter ist nicht verloren gegangen. Da sind immer noch die Hymnen, die Schnulzen, die Licks wie scharfe Schrauben, die sich ins Herz bohren, bevor man sich auch nur ansatzweise von den schmerzhaft direkten Textzeilen erholt hat. Und entgegen aller Befürchtungen*** hat die Stimme trotz des liederlichen Lebenswandels noch nichts von ihrer Urgewalt eingebüsst. Mein Herz war beim siebten Track schon wieder Butterweich und nach dem zehnten vollständig zurückgewonnen.

Jetzt muss er nur noch aufhören, so viel zu saufen, damit er auch wieder anständige Konzerte geben kann. Dann vergebe ich ihm auch die ersten beiden Tracks auf dem Album.


Er sagt gleich noch selber etwas dazu. Die Snippets sind kaum der Rede wert, man muss das Album trotzdem kaufen:



*der ein irrsinnig cleverer Geschäftsmann ist. Das muss man ihm lassen. Aber da ist halt einfach zuviel von diesem geschwollenen Sound, so mit künstlichem Handclap und Bassdrum, die klingt, als würde man in der Waschküche spielen. Schlicht zum Kotzen.

**und mit einer sehr guten Ausrede für alle Fälle im Hinterkopf

***und aller Vernunft