Zum Heulen.

Mittlerweile bin ich ein erprobter Hochzeitssänger. Diese Saison ist besonders streng. Dafür bietet sie besonders viele Einsichten über Brautpaare und Hochzeitsgast-Stereotypen*. Denn sobald man vorne steht, tut man das Naheliegendste, um nicht nervös zu werden: Man schaut die einzelnen Köpfe im Publikum an. Die Zuschauer als grosse Masse machen einen ganz kirre, also konzentriert man sich auf die Gesichter. Und beginnt mit dem Rest der improvisierten Hochzeitskapelle Wetten abzuschliessen, welche dem Brautpaar nahestehende weibliche Verwandte als erste zu weinen anfängt.

Das ist immer eine heikle Sache mit dem Weinen bei Hochzeiten. Bei der letzten Gelegenheit hat mich jemand darauf aufmerksam gemacht, dass man gar nicht weint, weil es so traurig ist, dass zwei Menschen ihre Freiheit aufgeben oder aus Angst vor dem Scheitern** der Beziehung, die man an selbigem Tag feiert. Aber wieso denn dann? Ihre Antwort wurde von einem verzückten Augenaufschlag und einem sehr weichen Seufzer an mein Ohr eskortiert. Weils so schön ist, dänk!

Das hat mich wirklich nachdenklich gestimmt.





*Etwa die Dame mit dem säuerlichen Gesichtsausdruck, die noch älter aussieht als sie ist, die die Traupredigt dazu nutzt, ihre Fingernägel zu säubern und dann den Pfarrer böse anzustarren. Egal wie gelöst oder emotional die Stimmung ist, jedes Mal hockt so ein bitteres Weib irgendwo drin. Werfen Sie mal einen Blick nach hinten.

**Ich dachte, das sei etwa wie vor einem Bungee-Sprung. Da weinen die Leute doch manchmal auch aus Angst. Hätte also sein können.