Was genau geht verloren, wenn man CDs im iTunes-Store herunterlädt, anstatt sie physisch zu kaufen?
Natürlich, die Hülle. Schon das rituelle Aufreissen der Folie ist immer wieder eine Freude. Da muss irgend eine ursprüngliche Gier dahinterstecken, vermutlich aus der Steinzeit, oder? Da hat man auch ein Tier erlegt*, aber nichts davon gehabt, wenn man nicht das Leder erstmal zur Seite gepackt hat. Ausserdem liegen mir schöne und umfangreiche Booklets wirklich am Herzen. Davon kriegt man im iTunes-Laden keine. Aber das ist noch nicht die ganze Tragödie.
Es geht nämlich auch das Warten verloren. Das Pläneschmieden. Früher, wenn der Plattenladen meines Vertrauens eine CD nicht im Angebot hatte, wurde sie für mich bestellt. In dringenderen Fällen fragte ich in einem halben Dutzend anderer Läden nach**. Bis ich dann ein Exemplar in Händen hielt, konnten einige Wochen oder Monate vergangen sein. Aber dann: ein Gefühl wie eine Antwort auf einen schon fast vergessenen Liebesbrief, wenn man den Silberling endlich einwerfen konnte!
Heute habe ich iTunes. Es gibt keine Grenzen mehr. Auch wenn der Künstler, den ich haben will, nur in ein paar französischen Städten bekannt ist, kann ich sein Demotape von jetzt auf sofort herunterladen, anstatt mir bei meinem nächsten Aufenthalt im Land den Mund fusslig zu reden, während ich den einheimischen Kindern den Sound und die Frisur beschreibe, um herauszufinden, ob der Typ, der da vor zwei Jahren jeden Abend in diesem oder jenem Cafe gespielt hat, immer noch irgendwo zu hören wäre. Mit iTunes ist Musik Kaufen überhaupt kein Abenteuer mehr.
Aber es geht halt saumässig schnell. Und man findet irgendwie alles. Was eben auch geil ist.
*Einkaufen und Jagen haben sowieso viel gemeinsam. Dazu vielleicht ein andermal mehr.
** Was ja heute nicht mehr ginge. Wenn Roody etwas nicht hat, muss man schon nach Zürich fahren.